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Dienstag, 7. Juni 2016

Meine Stillbeziehung zu meinem Sohn

Mein Kind sollte nur das beste bekommen!

Während meiner Schwangerschaft stellte man mir irgendwann immer häufiger die Frage "Und, möchtest du denn auch stillen?!". Ich habe immer ganz spontan und ohne zu zögern mit JA geantwortet. Ich habe mich nie großartig mit diesem Thema auseinander gesetzt und doch stand für mich immer fest, das das zum Mama werden, Mama sein dazu gehört. Mein Kind sollte schließlich nur das beste bekommen! Zudem war es das natürlichste auf der Welt und kostengünstig. Meine Erwartungen an das Stillen waren, das ich es versuchen möchte und nicht gleich von vornherein ablehne. Doch dieses Thema stand bei mir nie im Vordergrund, hab mir nicht wirklich viel dazu durchgelesen und mir nur für mich, das wichtigste gemerkt.

Ich lehnte mich sehr weit aus dem Fenster

Ich kann mich noch sehr gut an einen Abend im Geburtsvorbereitungskurs erinnern. Fünfzehn schwangere Frauen und eine Hebamme, die uns alles zu diesem Thema erzählen wollte. Ihre erste Frage an uns lautete "Wer von Ihnen möchte denn Stillen?" Alle, bis auf eine hielten die Hand hoch. Leises flüstern und empörte Gesichter machten sich breit. Ja, ich war auch mit dabei. Damals konnte ich es einfach nicht verstehen, warum diese Schwangere Frau es von vornherein ablehnte. Sie sagte nur, das sie es nicht möchte und sie sich bei dem Gedanken allein schon unwohl fühlt. Ich war fassungslos über ihre Aussage. Doch die Hebamme stutzte uns gleich zurecht und verlangte etwas mehr Respekt von uns. Schließlich müsste dies jede Frau für sich selbst entscheiden. An diesem Abend ging ich mit dem eisernen Entschluss nach Hause, egal was kommt, ich werde es versuchen! Für mein Baby und für mich selbst. Das Thema war erstmal durch und schnell wieder vergessen.

Mein Glückstropfen 

Sechs Wochen vor der Geburt meines Sohnes, passierte es. Mein Freund lächelte mich an, zeigte auf mein T-Shirt und sagte " Ich glaub du verlierst da was". Ich schaute an mir herunter und sah einen großen runden Fleck. Stolz fing ich an zu grinsen und freute mich über meine ersten tropfen Muttermilch. Ach was war ich glücklich darüber. Und da war er wieder, mein eiserner Entschluss zu Stillen. Jeden Tag schaute ich gebannt, ob es mehr werden würde. Ich kaufte mir die ersten Stilleinlagen und war bereit, meinem Kind alles zu geben. Niemand konnte mich mehr von meinem Entschluss abbringen.

Unser erster Still Moment 

Der Tag der Geburt war gekommen und unser kleines Wunder war endlich bei uns. Ich hielt meinen Sohn fest im Arm und schaute ihn an. Er war so perfekt und wunderschön. Die Hebamme verließ den Kreißsaal und sagte zu mir " Ich lass sie dann mal alleine und wenn ich wieder komme, dann helfe ich Ihnen beim ersten anlegen". Okay, dachte ich mir und konnte es kaum noch abwarten. Doch dann fing dieses kleine Wesen an zu weinen. Instinktiv legte ich meinen Sohn einfach an und dieses Gefühl war einfach nur unbeschreiblich schön. Es war wie zwei Magnete die sich anziehen und einfach zueinander gehören. Als die Hebamme wieder kam sagte sie "Oh, da waren sie wohl schneller als ich. Das haben sie gut gemacht!". Ich war stolz wie Oskar und nun stand dem nichts mehr im Weg! Ich war so glücklich darüber. Und diese einmalige Verbindung zu meinem Kind, war unglaublich schön. Niemand kann mir diesen wundervollen Moment mehr nehmen und ich erinnere mich gerne daran.

Doch die ersten Probleme ließen nicht lange auf sich warten!

Doch die ersten Probleme fingen schon kurze Zeit später an. Ich bekam von den Schwestern ein Notiz Zettel um aufzuschreiben, wann und wie lange ich gestillt habe. Allein dies ständige aufschreiben machte mich total nervös. Wie sollte ich mir das denn nur alles merken, wenn man mit nichts anderem beschäftigt ist als Stillen und Schlafen? Zudem sollte ich bei jedem Stillen ins Stillzimmer, damit sich die Schwestern vergewissern konnten, das ich auch alles richtig mache. Es war mir unangenehm, vor den anderen Müttern zu sitzen und zu Stillen. Ich wollte diese Momente nur für mich und meinen Sohn haben. Ganz ungestört, ohne das Klingeln des Telefons und der ständige Verkehr in diesem Raum. Zudem kommt noch ,das ständig eine Schwester meine Brüste anfasste um zu gucken ob ich auch Milch habe. Oder sie korrigierte die Position von mir und meinem Baby. Ständig fummelte einer an mir herum und ich fühlte mich unwohl dabei. Denn für mich fühlte es sich immer richtig an was ich tat. Doch niemand verstand das so wirklich. Es hieß dann meist, so etwas müsste ich erst lernen und sie hätten ja Jahrelange Erfahrungen damit. Ich wollte dann so schnell wie möglich nach Hause und es so machen, wie ich es für richtig hielt. Wollte die Kostbaren Augenblicke für mich und meinen Sohn alleine haben, ohne das ständige Gemecker von " Allwissenden".

Die Hebamme die nie Zeit für mich hatte...

Doch zu Hause wurde es nicht besser. Der Baby Blues hatte mich erwischt, die Hormone spielten total verrückt und ein Heulkrampf nach dem anderen überkam mich. Mein Baby schrie ununterbrochen und ich wusste einfach nicht warum. Ich Stille so oft ich konnte (doch meistens wurde meine Brust angebrüllt/verweigert), trug ihn 24 Std. an meinem Körper und schaute das es ihm an nichts fehlte. Doch er schrie weiter. Ein paar Tage später rief ich meine Hebamme an, ob sie nicht mal vorbei kommen könnte. Erklärte ihr die Situation und bat sie um Hilfe. Doch sie konnte nicht, wie so oft. Meine Probleme wurde meist nur am Telefon besprochen und somit wurde ich mit meiner Angst allein gelassen. Als sie dann aber doch mal Zeit gefunden hatte, machte ich ihr verheult und voll Babykotze die Haustüre auf. Sie schaute mich an und sagte " Was ist denn los bei dir? Warum weinst du denn?" Irgendwie überkam mich alles an diesem Tag. Mir fehlte der Schlaf, das ganze Stillen machte mich total verrückt, meine Brüste sind fast geplatzt vor lauter Milch, ich brauchte eine Dusche und es war niemand da der mich und meine Probleme ernst nahm. Ich war einfach nur verdammt froh sie zu sehen und hoffte, das sie mir helfen konnte. Ihre erste Frage war, wie oft ich meinen Sohn anlegen würde bzw. in welchen Zeitabständen. Ich sagte ihr, immer wenn er Hunger hat. Ihre Augen wurden ganz groß und ich wurde erstmal belehrt. " Du darfst nur alle 3-4 Stunden Stillen! Er gewöhnt sich zu sehr daran, das du immer verfügbar bist und er muss wissen, das es höchstens alle 3 Stunden was zu essen gibt". Öhm, okay. Ich fragte sie, aber wenn er doch nun mal Hunger hat oder einfach nur bei mir sein möchte? Wie soll ich das denn machen? Ich kann doch mein Kind nicht brüllen lassen!  Doch das dies totaler Schwachsinn ist, weiß ich mittlerweile auch. Dann erklärte sie mir etwas zum Thema schreien. Sie sagte " Du darfst nicht immer gleich für jeden mucks aufspringen und ihn aus seinem Bett holen! Er merkt sich das und dann tanzt er dir auf der Nase herum!". Ich war in dem Moment total irritiert und geschockt. Wollte sie mir gerade erklären, das ich mein Baby schreien lassen soll??? Puh. Nun gut, ich befolgte ihre Ratschläge, weil ich mit allem sehr überfordert war, auch wenn das gegen meinen Instinkt ging. Sie war immerhin 3 fach Mutter und 30 Jahre in ihrem Job. Sie muss es wissen!

Das Ende unserer Stillbeziehung 

Ich versuchte es am nächsten Tag. Doch das ganze machte es noch viel schlimmer! Bis am Abend, als mein Freund nach Hause kam, mich und unseren Sohn total erschöpft im Bett vorfand habe ich es versucht. Er sagte " Schatz, lass es Bitte sein. Das bringt doch nichts. Mach es doch wieder so, wie du dich wohl fühlst und für richtig empfindest". Ja! Er hatte verdammt noch mal recht. Und das tat ich dann auch. Ich schrieb meiner Hebamme eine Nachricht, das ich ihre Hilfe nicht weiter benötige. Ab jetzt galten nur noch meine Instinkte als Mutter. Doch ich bereute es ganz schnell. Das mit dem Stillen wollte einfach nicht klappen. Meine Büste wurden zuletzt nur noch angebrüllt und das machte mich echt verrückt. Nach und nach verlor ich die Lust daran. Es war nur noch eine Qual für mich und mein Baby. Es setzte mich sehr unter Druck das ganze. Vor allem wenn ich immer wieder von anderen Müttern hörte, wie toll doch alles klappt bei ihnen. Irgendwann hatte ich das Gefühl, die Verbindung zu meinem Kind zu verlieren. Das machte mir sehr große Angst. Ich war einfach nicht in der Lage mein Kind zu ernähren, ihm liebe und Geborgenheit zu geben. Jeden Tag an dem es schlimmer wurde, machte ich mir sehr große Vorwürfe. Das machte mich wirklich Psychisch und Physisch kaputt. Nach acht Wochen konnte ich nicht mehr und begann langsam mit dem abstillen. Jede Flasche die ich meinem Sohn gab, zerriss mir das Herz. Ich fühlte mich schlecht und als Versagerin. Jedes nicht Stillen, tat weh. Ich vermisste diese Verbindung zwischen uns und doch war sie irgendwann weg. Auch jetzt noch, nach über zwei Jahren kommen mir noch die Tränen, wenn ich daran denke. Und auch jetzt, fühle ich mich noch als Versagerin. Ich habe mein bestes gegeben und doch verloren. Wie gerne würde ich die Zeit zurück drehen und noch mal neu mit dem heutigen wissen anfangen. Doch das kann ich nicht. Leider. Vielleicht hätte ich einfach noch mehr dafür geben müssen, das es funktioniert. Doch meine Kraft ließ es einfach nicht zu. Bin ich eine schlechte Mutter? Oft habe ich gedacht, das ich einfach keine Mama sein kann. Das es einfach nichts für mich ist. Das ich unfähig bin, meinem Kind das zu geben was es benötigt. Fast jeden Abend wenn mein Freund nach Hause kam, musste er mich auffangen. Er sprach mir immer wieder Mut zu und sagte mir, das ich eine gute Mutter bin. Sogar die beste für seinen Sohn. Er hat niemals an mir gezweifelt und immer an mich geglaubt. Ich Danke ihm sehr dafür und ohne ihn, weiß ich nicht, was heute wäre. Ich hatte mir das Stillen vielleicht doch viel zu einfach vorgestellt. Vielleicht hätte ich die Hilfe der Schwestern doch annehmen sollen, anstatt mein eigenes Ding durch zu ziehen. Ich kann es nicht mehr ändern und doch schwirrt es noch in meinem Kopf. Neid und trauer macht sich in mir breit, wenn ich andere Mütter Stillen sehe oder Bilder von Stillenden Müttern sehe. Sie haben doch so ein Glück und können es genießen. An manchen Tagen ist es besonders schlimm. Es hat mir so viel bedeutet, doch die Zeit war zu kurz, um es richtig zu genießen. Es tut gerade einfach so gut, das ganze mal los zu werden und es fällt wirklich eine kleine last von meinen Schultern. Doch ich werde wohl immer innerlich sehr traurig sein, wenn es um dieses Thema geht.


8 Kommentare:

  1. Also ich bin ehrlich gesagt, total geschockt, was du da von deiner Hebamme für Tipps bekommen hast. Unglaublich. Wie konnte sie dich nur so im Stich lassen? ich finde, du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, du hast alles versucht und es ist wichtig, dass es Mama und Kind gut geht. Wenn es für dich in einen solchen Stress ausgeartet ist und dein Baby die Brust verweigert hat, dann ist es dich vollkommen legitim, dass du das Fläschen gegeben hast. Ich bewundere dich, dass du zwei MOnate ausgeharrt hast, ich bi mir sicher, andere hätten das schon viel früher abgebrochen. Alles Liebe, Anna

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    1. Ich danke dir! Es ist trotzdem sehr schwer für mich. Eigentlich habe ich alles richtig gemacht, doch ich wurde immer wieder verunsichert. Beim zweiten Kind kann mir das nicht mehr passieren. <3

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  2. Mach dir bloß keine Vorwürfe. Das dürfen sich die Hebamme und Schwestern machen. Du hast auf deinen Instinkt gehört und zwar jedes mal. Es war richtig, so zu stillen, wie es sich gut anfühlte und es war das Richtige, die Flasche zu geben, als es nicht klappte. Dein Körper konnte einfach nicht. Das ist nicht deine Schuld. Als dein Sohn Hunger hatte, wusstest du um die richtige Alternative und hast für Abhilfe gesorgt. Das zeichnet eine gute Mutter aus. LG, Sabine

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    1. Ich danke dir! <3 Beim zweiten Kind suche ich mir meine Hebamme definitiv selber aus! Und ein Krankenhaus sieht mich auch nur noch im Notfall.

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  3. Ich sehe das genauso wie Anna! Du hast echt toll durchgehalten und bist bestimmt die beste Mama für Dein Kind! Fühlen Dich ganz fest gedrückt, Du Liebe!

    Deine Küstenmami

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  4. Ich bin auch gerade etwas geschockt. Sowohl von den Schwestern als auch von der Hebamme. Es ist so schade, dass du da so verunsichert wurdest. Der einzige, der hier den richtigen Rat gegeben hat, war dein Freund!
    Du hast das trotzdem super gemeistert. In eurem Fall war der Wechsel zur Flasche wahrscheinlich der einzig richtige Weg. Wenn er dich nur anbrüllt und die Flasche nimmt ... das ist zwar hart aber immerhin hattest du eine Alternative.

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  5. Ich muss gestehen, dass ich nie stillen wollte, weil alle Frauen in unserer Familie nie genügend Milch hatten, wenn überhaupt. Im Krankenhaus wurde mir dann gesagt ich möge es doch wenigstens mal versuchen und gaben mir eine Stilltablette. Ich hab es dann auch getan. Zu Hause angekommen ging es mir wie Dir. Nichts konnte ich planen. Alle zwei Stunden wollte er was trinken. Ich war total am Ende, sodass ich gemeinsam mit meiner Hebamme nach 8 Wochen entschied, dass wir aufhören und das war die beste Entscheidung die wir je treffen konnten. Er schlief nachts gut bzw. besser und länger. Ich war wieder entspannter und konnte das Mutter-sein genießen. Mein Freund konnte ihn auch endlich einmal füttern.
    Ich würde es immer wieder tun... Also Flasche von Anfang an. Einfach weil ich weiß, dass es mir, und dadurch auch dem Wurm, besser geht.

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